Debattieren wird nicht nur in Österreich immer populärer, sondern auch in der ganzen Welt, und so traten über Neujahr in der Türkei bei den Weltmeisterschaften im Hochschuldebattieren so viele Nationen wie noch nie an. Zum ersten Mal war auch ein Rednerteam aus Österreich dabei (Lukas Grill und Leonhard Weese vom Debattierklub Wien), das zusammen mit der Jurorin Sabine Rainalter (Debattierclub Innsbruck) und vielen anderen dies beim International Evening bei Sachertorte, Manner-Schnitten mit Stroh 80 feierlich betrank.
Die Einladung zu den 30. “Worlds”, wie sie unter Debattanten genannt werden, kam in diesem Jahr von der Koç Foundation, beziehungsweise der von ihr getragenen Koç University in Istanbul, 1993 gegründet und finanziell gut von dem 1996 verstorbenen türkischen Geschäftsmann Vehbi Koç ausgestattet. Nachdem bereits 2007 die Europameisterschaften von der Koç University ausgetragen wurden, organisierte der erst im Jahr 2000 gegründete Debattierklub nun nicht nur ein reibungslos ablaufendes Debattierturnier, sondern auch einige sehr abwechslungsreiche Events, darunter zwei Bälle, eine Neujahrsfeier im transparenten Zelt am Strand unter dem Vollmond und transportierte hunderte Debattanten in zig Bussen sicher zwischen Flughafen, Nachtclubs und Hotel und beeindruckte mit einer blitzschnellen Registrierung.
Für Debattanten aus dem Irak, China, Bangladesh, Russland, Südafrika, Qatar oder Venezuela, hauptsächlich aber aus den Angelsächsischen Ländern und Europa, untergebracht in einem fünf Sterne Hotel, verwöhnt mit guten Buffets und gratis Alkohol vom Nachmittag bis in die Nacht, Schwimmbäder, Türkisches Bad und ein Fitnesscenter zur Verfügung, hat die Koç University hier Standards gesetzt, mit denen zukünftige Ausrichter (Botswana 2011, Manila 2012) kämpfen müssen. 400 Teams und ungefähr noch einmal so viele Juroren, also insgesamt 1200 Personen unterzubringen, zu verpflegen, zu unterhalten, jeden Morgen die Anwesenheit zu kontrollieren (Barcode System) und vor jeder Runde über den Raum zu informieren (Tab auf mehreren Leinwänden) ist keine leichte Aufgabe, und dass es immer geklappt hat, und das Tab nicht “explodiert” ist, dafür gebührt dem Team des Koç University Debate Club Respekt.
100 Räume wurden während der neun Vorrunden allein für die Debatten gebraucht, wofür entmöbelierte Hotelzimmer herhielten, dazu eine Halle, die alle 1200 Debattanten fassen und in der sie jedesmal aufs neue mit einer atemberaubenden Motion wie “This House would partition Sudan“, “This house would financially incentivise both inter-faith and inter-ethnic marriages” überrascht werden konnten. Doch es wurde nicht nur debattiert, sondern auch der Public Speaking Contest ausgetragen, welche von Riva Gold von der McGill Universität in Canada gewonnen wurde, sowie ein Stand-Up Comedy Wettbewerb, wo Josh Taylor von der Griffith University brillierte.
Der Break wurde in den ersten Stunden des neuen Jahres, inmitten einer berauschenden Party, verkündet und in der Kategorie ESL (English as a Second Language) von den beiden VDCH-Clubs Greifswald und München, sowie in der Kategorie EFL (English as a Foreign Language) auch vom VDCH-Club Stuttgart geschafft. Am Morgen des ersten Jänner, welcher als freier Tag für Ausflüge und Entspannung zur Verfügung steht, kommt auch der Rat zusammen, das World Universities Debating Council, um über den konsitutionellen Rahmen des Events zu beraten, aber auch allfälliges zu klären und einen neuen Host für 2012 zu wählen, eine Wahl die Manila gegen Toronto gewann. Auch Österreich konnte zum ersten Mal an diesem Rat teilnehmen, allerdings dieses Jahr noch stimmlos. Erst wenn eine Institution zwei Jahre in Folge ein Team schickt, ist es im Rat stimmberechtigt.
Die letzten beiden Tage standen ganz unter dem Stern der KO-Runden, welche bereits viele Zuschauer anlocken und diese dank der Brillanz der Redner und Redner auch einzuschüchtern vermögen. Greifswald schaffte es als ESL Team bis ins Viertelfinale, während Stuttgart in der Kategorie EFL sogar im Finale antrat.
Das absolute Highlight war das Finale des offenen Breaks, in dem Harvard und Oxford in der Regierung den Teams von der London School of Economics und Sydney gegenüber standen.
“This house believes that media should show the full horror of war” war das Thema dieser Finaldebatte, zu finden auch auf Vimeo und wegen seiner Qualität höchst sehenswert.
Es gewannen für die University of Sydney Christopher Croke und Steve Hind, bester Redner war Shengwu Li von der University of Oxford.
Es wurde gut debattiert, viele Freundschaften geschlossen, der Welt Österreich nahegebracht und Österreich dem Debattieren. Auf den Debattierklub Wien warten die Europameisterschaften im Juli in Amsterdam, viele regionale Turniere, wie die ZEIT DEBATTE Stuttgart diesen Jänner oder die Belgrade Open im Februar, zu welchen wir so viele gute Teams schicken wollen wie nur irgendwie möglich, um bei den kommenden Weltmeisterschaften in Botswana ende diesen Jahres möglichst erfolgreich teilnehmen zu können.
Weitere Berichterstattung und Links zu den Koç Worlds 2010:
- Video der Finaldebatte
- Berichte der Achten Minute sind unter dem Tag “Turniere” zu finden.
- Spiegel Online berichtet über die Worlds
- Die EFL-Vize-Weltmeister (!) des Debattierclub Stuttgart schreiben über ihren Erfolg in ihrem Blog. An dieser Stelle herzliche Gratulation an Andreas Lazar und Igor Gilitschenski!