Soeben ging ein lustiger und hochinteressanter Abend für den Debattierklub Wien zu Ende: Wir deklamierten!
Bei einer Deklamation geht es darum, dass ein Redner ein Publikum voller Laienrichter von der Schuld eines fiktiven Angeklagten überzeugen muss. Ein Verteidiger hat die gegenteilige Pflicht. Im Anschluss entscheidet die Jury, bestehend aus den Zuschauern, über Schuld oder Unschuld und kürt damit den überzeugendsten Redner.In der ersten Runde zum Fall “Liebeskummer und Baseballschläger” musste die Anklägerin Agnieszka Bibro die Jury davon überzeugen, dass der Staat für Polizisten haften muss, die nicht eingriffen, als ein Betrunkener ein Café zertrümmerte. Leonhard Weese übernahm die Verteidigung, und beide beriefen sich auf ihre jeweilige Interpretation zu den zentralen Aufgaben des Staates. Während Agnieszka betonte, dass der Staat, und damit die Polizei seine elementarsten Pflichten – des Schutzes der Bevölkerung und ihres Vermögens – verletzt hätte, meinte Leonhard, dass es nicht Funktion des Staates sein könnte, den Bürger ganz allgemein zu versichern, sondern nur zu beschützen. Der Lokalbesitzer hätte sich und sein Café selber verteidigen müssen. Die Abstimmung der Jury war äußerst knapp, aber doch konnte Leonhard der Verteidiger die Jury von der Unschuld des Staates überzeugen.
In der zweiten Runde trat als Stefan Zweiker als Ankläger gegen Florian Prischl als Verteidiger an. Sie mussten eine historisierten Fall im Amerika der 1830er-Jahre verhandeln: “Jacksons Blitz“. Stefan versuchte, die Jury durch genaue Beschreibungen der Gedankenspiele des Angeklagten Andrew Jackson zu überzeugen. So hätte er als angestammter Tennesseeer im Gegensatz zu seinem britischen Nachbarn gewusst, dass dieser im heranziehenden Gewitter durch einen Blitzschlag umkommen würde. Hier ging es also, im Gegensatz zum ersten Fall des Abends, um harte straftheoretische Fragen – Was ist Kausalität, wann fängt diese an und wo hört sie auf? Konnte sich Jackson auf die “Natur als Waffe” verlassen, wie dies die Anklage darlegte? Florian versuchte, dagegen zu halten und wies unter anderem darauf hin, dass ein Blitzschlag sehr unwahrscheinlich und auch für Jackson gefährlich war. Schlussendlich wurde seine Argumentation von der Jury bestätigt und Jackson einstimmig des Mordes an seinem Nachbarn nicht schuldig befunden; doch Stefan konnte bei der Jury eindeutig mit seiner lebendigen und empathischen Darstellung punkten.
Den passenden Rahmen für die Deklamation lieferte das Lokal “Selbstverständlich“, das für den Debattierklub Wien besonders am Montag mit dem Schnitzel-Special besonders attraktiv ist und so quasi schon Stammlokal wurde. In angenehmer Atmosphäre konnten wir uns bei Schnitzel und Bier entspannen, uns von den hervorragenden Rednerinnen und Rednerin mitreißen lassen und so nach den Osterferien wieder ins Debattieren hinein finden!
Nicht vergessen: Der nächste reguläre Debattierabend findet am kommenden Montag, 19. April um 19:00 im Raum 5.46, Kern C der WU Wien statt. Davor entsenden wir noch zwei Teams zur Süddeutschen Meisterschaft nach München. Wir drücken unseren Teams fest die Daumen!